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Eine vielseitige Mission: One Health-Workshop, Meetings und Feldarbeit in der Republik Côte d’Ivoire im April 2024

Reisebericht von Stephanie Markert

Eine außergewöhnlich bunt gemischte Reisegruppe brach kürzlich zu einer Dienstreise mit Feldmission in die Republik Côte d’Ivoire auf: Wissenschaftler:innen des HIOH sowie des HZI, der Universität Greifswald und des RKI aus Veterinärmedizin, Ökologie, Bakteriologie, Virologie, Epidemiologie, Mikrobiologie, Tierphysiologie und Genetik trafen sich mit verschiedensten Kooperationspartner:innen in Abidjan und Bouaké und besuchten die tropischen Wälder des Taï Nationalparks. Ein äußerst dynamisches Unterfangen – einige von uns blieben nur wenige Tage, andere mehrere Wochen, und selten waren wir alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort – und ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zu erfolgreicher internationaler und interdisziplinärer Zusammenarbeit und der praktischen Umsetzung des One Health-Konzepts. 

Mittwoch, 10. April 2024

Nach einem sehr frühen Start in Berlin und Zwischenstopps in Brüssel (Belgien) und Ouagadougou (Burkina Faso) erreicht das HIOH-Team am späten Nachmittag Abidjan.

Donnerstag, 11. April 2024

Alles vorbereitet für den großen Tag in Abidjan:

Gemeinsam mit der ivorischen Plattform Une Seule Santé (PLUSS) begrüßen wir mehr als 60 Vertreter:innen von Forschungseinrichtungen, Krankenhäusern, öffentlichen Behörden und Ministerien zu einem eintägigen strategischen Workshop zum Thema One Health Surveillance – L’Atelier Surveillance Une Seule Santé dans le Département de Taï. Vielen Dank an das Centre Hospitalier et Universitaire (CHU) de Bouaké, das Centre Suisse de Recherches Scientifiques (CSRS) und das Office Ivoirien des Parcs et Réserves (OIPR) für ihre Unterstützung bei der Organisation dieser Veranstaltung.

Wir fühlen uns geehrt, dass sie mit ihren Willkommensworten die Konferenz eröffnen: Matthias Veltin, deutscher Botschafter in der Republik Côte d’Ivoire, Dr. Djénéba Ouattara, Koordinatorin des multisektoralen Sekretariats der One Health-Plattform der Republik Côte d’Ivoire, Prof. Fabian Leendertz, Gründungsdirektor des HIOH, und Francesca Di Mauro, Botschafterin der Europäischen Union in der Republik Côte d’Ivoire.

Über Disziplinen hinweg: Ausgewiesene Expert:innen aus Theorie und Praxis der Humanmedizin, aus dem Gesundheitswesen, der Veterinärmedizin, der Epidemiologie und vieler anderer Disziplinen kommen heute zusammen, um Chancen und Herausforderungen systematischer One Health Surveillance zur besseren Pandemie-Vorsorge und -Prävention zu diskutieren. Wir freuen uns, mit allen wichtigen Akteuren an einem Strang zu ziehen, denen die Umsetzung des One Health-Konzepts in der Republik Côte d’Ivoire am Herzen liegt. Darunter sind drei Ministerien: das Ministerium für Gesundheit und öffentliche Hygiene (MSHP), das Ministère de l’Environnement, du Développement Durable et de la Transition Écologique (MINEDDTE) und das Ministère des Ressources Animales et Halieutiques (MIRAH), außerdem das Institut National d'Hygiène Publique (INHP), CHU Bouaké, CSRS, das Centre de Recherche en Écologie / Biodiversité de Côte d'Ivoire (CRE), OIPR, die lokalen Gesundheitsdienste in Taï, das Taï Chimpanzee Project (TCP), die Wild Chimpanzee Foundation (WCF), die Université Félix Houphouët-Boigny Abidjan, die Université Alassane Ouattara de Bouaké, die Direction des Services Vétérinaires (DSV), das Laboratoire National d'Appui au Développement Agricole (LANADA), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Deutsche KfW-Bank.

Intensiver Austausch: In kleineren Arbeitsgruppen bringen die Teilnehmenden ihre jeweiligen Hintergründe und wertvolles Fachwissen ein, um Aspekte spezifischer One Health Surveillance-Maßnahmen zu identifizieren und zu gestalten, z. B. menschliche Gesundheitskohorten, klinische Überwachung in Krankenhäusern, Monitoring von Haus- und Wildtieren sowie die Erfassung von Biodiversität in der Umwelt.

Schöner Abschluss eines erfolgreichen Tages: Vielen Dank an den deutschen Botschafter und seine Frau für die freundliche Einladung in ihre Residenz.

Freitag, 12. April 2024

Wir freuen uns auf unseren Besuch in einer der renommiertesten Forschungseinrichtungen der Republik Côte d’Ivoire: bei unserem langjährigen engen Kooperationspartner Centre Suisse de Recherches Scientifiques (CSRS) in Abidjan.

Am CSRS, 1951 gegründet und heute unter der gemeinsamen Leitung des Ministeriums für Hochschulbildung und wissenschaftliche Forschung (MESRS) der Republik Côte d’Ivoire und des Staatssekretariats für Ausbildung, Forschung und Innovation (SEFRI) der Schweiz, stehen Forschung und Ausbildung im Mittelpunkt. Das Leitprinzip „Partnerschaftliche Forschung für nachhaltige Entwicklung" steht über allem. Herzlichen Dank an Prof. Inza Koné, den Generaldirektor des CSRS, und sein kompetentes Team für den herzlichen Empfang und die produktiven Diskussionen!

State-of-the-art-Infrastruktur trifft auf langjährige Expertise: Das CSRS ist mit modernen Laboren für Molekularbiologie, Mikrobiologie, Chemie, Parasitologie, medizinische Entomologie, Botanik und Chemosensitivität ausgestattet und verfügt über zwei Insektarien. Das multidisziplinäre und hochqualifizierte Team des CSRS verfolgt vielfältigste Forschungsinteressen, von menschlicher Gesundheit über Tier- und Umweltgesundheit, Umwelt- und Entwicklungswirtschaft, landwirtschaftliche Nachhaltigkeit, Biodiversität der Pflanzen bis hin zu demografischer und Gesundheitsüberwachung und anderen Aspekten sozialer Systeme.

Nach dem Abschied vom CSRS geht es gen Norden: Wir verlassen das lebhafte Abidjan, die größte Stadt und Wirtschaftsmetropole der Republik Côte d’Ivoire am Golf von Guinea, und folgen der brandneuen (und leeren) Autoroute du Nord ins Landesinnere nach Bouaké.

Es ist fast Abend, als wir von Prof. Chantal Akoua-Koffi und ihrem Team am Centre Hospitalier et Universitaire (CHU) de Bouaké, einem weiteren wichtigen und langjährigen Kooperationspartner, herzlich begrüßt werden.

Wir sind beeindruckt vom neuen molekulardiagnostischen Sequenzierungslabor am CHUB, das erst im Juni 2023 eröffnet wurde. Mit deutscher Unterstützung durch HIOH und RKI eingerichtet und finanziert vom deutschen Gesundheitsministerium und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, ist das hochmoderne Labor bestens für Analysen verschiedener Probentypen von Menschen und Tieren gerüstet. Es übernimmt eine wichtige Rolle bei der Erforschung von Infektionskrankheiten sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung. Zu den hier durchgeführten Analysen gehören unter anderem Tests auf Erreger wie das Affenpockenvirus, das Rift-Valley-Fieber-Virus und das West-Nil-Virus.

Am Ende eines langen und ereignisreichen Tages genießen wir ein angenehmes Abendessen mit unseren geschätzten Kolleg:innen vom CHUB und erhalten unerwarteten Besuch.

Samstag, 13. April 2024

Unsere HIOH-Gruppe teilt sich heute auf: Team Wald 1 macht sich auf den Weg zum Taï-Nationalpark. Es wird etwa zehn Stunden auf Buckelpisten unterwegs sein, bis das Dorf Taï erreicht ist.

Die anderen kehren zurück zum CHUB, wo extra ein kleines Symposium organisiert wurde (obwohl eigentlich Wochenende ist). Wir lernen den Medizinischen Direktor des CHUB, Chefärzte der Pädiatrie, Inneren Medizin, Tropenmedizin und der Notaufnahme, Bakteriologen und viele andere etablierte Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums kennen.
Mehrere gemeinsame multidisziplinäre Forschungsprojekte laufen bereits, in denen HIOH- und CHUB-Teams gemeinsam umsetzbare Strategien zur systematischen langfristigen Gesundheitsüberwachung etablieren, um beispielsweise die Kapazitäten des öffentlichen Gesundheitssystems in der Republik Côte d’Ivoire zu stärken. Heute konnten wir solche bestehenden Projekte persönlich diskutieren und weitere Möglichkeiten der zukünftigen Zusammenarbeit erörtern.

Im Geiste gegenseitiger Unterstützung tauschen wir Erfahrungen aus, planen neue Kooperationen und besprechen Finanzierungsmöglichkeiten. Am Ende dieses konstruktiven Treffens sind wir unserem gemeinsamen Ziel einen Schritt nähergekommen, nachhaltige Wege zu entwickeln, das Risiko neu auftretender Infektionskrankheiten zu verringern.

Gegründet im Jahr 1964 im Herzen von Bouaké, hat das CHU eine dreifache Mission: Gesundheitsversorgung, Lehre und Forschung. Es deckt die medizinischen Bedürfnisse des gesamten nördlichen Côte d'Ivoire, des südlichen Mali und Burkina Fasos ab. Dank des hoch motivierten Teams konnten wir viele praktische Einblicke in die Gesundheitsforschung am CHU Bouaké gewinnen, beispielsweise im bakteriologischen Labor, aber auch in die täglichen Herausforderungen bei der Arbeit in dieser wichtigen nationalen Gesundheitseinrichtung.

Der repräsentative Teil unserer Reise – die Treffen, Empfänge und Projektbesprechungen – endet hier. Beim Abschiedsessen (für diejenigen von uns, die morgen nach Hause fliegen) lassen wir die vielen neuen Eindrücke noch einmal Revue passieren.

Sonntag, 14. April 2024

Wir verabschieden uns von unserem Team Wald 2, das heute zum Taï-Nationalpark aufbricht, in Erwartung weiterer Abenteuer (zum Beispiel: Hühnerfüße als Delikatesse unterwegs).

Der Taï-Nationalpark, ein Biosphärenreservat und UNESCO-Weltkulturerbe mit einer Fläche von mehr als 3.000 km2, umfasst den letzten intakten Primärregenwald Westafrikas. Er beherbergt eine Vielzahl endemischer Pflanzen- und Tierarten, ist ein Zufluchtsort für bedrohte Säugetiere wie das Zwergflusspferd und Heimat einer der größten Schimpansen-Populationen Westafrikas.

Fabian Leendertz und sein Team arbeiten seit 24 Jahren in Taï und erforschen und begleiten vor allem die dort lebenden Menschenaffen und ihre Krankheiten. Da die Menschenaffen unsere nächsten lebenden Verwandten sind, können Krankheitserreger, die die Primaten krankmachen, auch für Menschen gefährlich werden. Nagetiere, Fledermäuse und andere kleine Säugetiere, die als Reservoir für die Übertragung solcher zoonotischen Erreger auf den Menschen dienen können, stehen ebenfalls im Zentrum des Forschungsinteresses am HIOH.

Derzeit sind Mitglieder des HIOH-Teams für mehrere Monate vor Ort. Wir treffen sie in der Feldstation. Im Rahmen des von der EU finanzierten BCOMING-Projekts beproben sie kleine Säugetiere entlang eines Gradienten vom Wald hin zu menschlichen Siedlungen. Später im Labor werden sie diese Proben auf Krankheiterreger testen.

Montag, 15. April 2024 – Der Waldreport

Um herauszufinden, welche Tiere in diesem Teil des Nationalparks leben und welche Krankheiten sie möglicherweise tragen, sammeln wir Umwelt-DNA (eDNA), d. h. Spuren von DNA-Molekülen, die Tiere und Krankheiterreger in ihrer Umgebung hinterlassen. Dazu verwenden wir ein einfaches zeltförmiges Netz, das einige der allgegenwärtigen Fliegen auffängt. Die Fliegen haben zuvor die verschiedensten Tierarten besucht und sich von Kadavern und Kot ernährt, wodurch sie unwissentlich eine Fülle von Umwelt-DNA-Proben für uns gesammelt haben. Die anschließende Analyse dieser von Fliegen gesammelten Umwelt-DNA im Labor gibt uns einen relativ genauen Überblick über die Biodiversität der Tiere dieses Ökosystems.

Tiere und alle anderen Organismen im Wald hinterlassen überall kleine Spuren ihrer DNA. Deshalb können wir auch Umwelt-DNA-Proben nehmen, indem wir die Oberfläche von Blättern gründlich mit einem einfachen Wattestäbchen abreiben. Leistungsstarke Sequenzierungstechnologien im Labor ermöglichen es uns, im Anschluss viele der Bewohner des Waldes selbst anhand ihrer kleinsten DNA-Fragmente an diesem Wattebausch zu identifizieren.   

Mit einer etwas ausgefeilteren Falle hoffen wir, Moskitos anzulocken und zu fangen, die wichtige Überträger (Vektoren) von Infektionskrankheiten wie Malaria oder Denguefieber sind.

Dienstag, 16. April 2024 – Der Waldreport

Arbeiten im Feldlabor unseres engen Kooperationspartners, des Taï Chimpanzee Project (TCP): Das TCP-Labor im Taï-Nationalpark liegt etwa 1,5 Stunden Fußweg von der Feldstation entfernt.

Mittwoch, 17. April 2024 – Der Waldreport

Die Feldstation im Taï-Nationalpark: Wir schlafen rustikal im Zelt.

Das Umwelt-Monitoring-Team platziert Temperatur-Sensoren in unterschiedlichen Höhen auf Bäumen, um die Variabilität innerhalb des Regenwaldes zu erfassen und zu messen, wie sich das Klima über die Zeit verändert.

Zehn Jahre lang werden diese Sensoren stündlich die Temperatur in der Höhe aufzeichnen, während Messgeräte am Boden zusätzlich die Bodenfeuchte messen. Daran können wir ablesen, wie sich die Umwelt im Laufe der Zeit verändert und wie sich Temperatur und Feuchtigkeit zwischen Wald und Dorf unterscheiden. Höchstwahrscheinlich beeinflusst das sich verändernde Klima die menschliche und tierische Gesundheit sowie die Arten von Krankheitserregern, die in diesen Ökosystemen auftreten. Das systematische und langfristige Sammeln solcher Umweltdaten stellt daher eine wichtige Säule unseres One Health-Ansatzes dar, der darauf abzielt, menschliche, tierische und Umweltgesundheit miteinander zu verschränken. Die Wissenschaftler verwenden eine professionelle Schleuder mit großer Reichweite, um die Messgeräte auf den Baum zu befördern.

Das Dorf Taï liegt im äußersten Südwesten der Republik Côte d’Ivoire zwischen dem Taï-Nationalpark und dem Cavally-Fluss. Da die Zustimmung und Beteiligung der lokalen Communities für den Erfolg unserer Forschungsprojekte und aller Präventions- und Artenschutzbemühungen von größter Bedeutung sind, besuchen Vertreter:innen des HIOH heute die Dorfvorsteher, um ihnen neue Projektideen vorzustellen und sie von Anfang an einzubeziehen.

Die Region um das Dorf Taï war in der Vergangenheit vor allem landwirtschaftlich geprägt, mit Kakao-, Kaffee-, Kautschuk- und anderen Plantagen sowie traditioneller Fischerei und Landwirtschaft. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch auch der kommunale Ökotourismus signifikant entwickelt. Dank der Lage direkt am Eingang zum Taï-Nationalpark konnten die Einwohner gemeinsam mit der Wild Chimpanzee Foundation (WCF) und der Nationalparkbehörde OIPR innovative und nachhaltige Ökotourismus- und Entwicklungsaktivitäten auf die Beine stellen, so zum Beispiel ein Ökomuseum und eine traditionelle Öko-Lodge.

Sonntag, 14. April 2024

Unterdessen hat der Rest der HIOH-Gruppe seine Sachen gepackt und ist auf dem Heimweg. Als wir im Regen durch Yamoussoukro, die Hauptstadt der Republik Côte d’Ivoire, fahren, erhaschen wir einen flüchtigen Blick auf die berühmte Basilika Notre-Dame de la Paix, eine der größten Kirchen der Welt und offensichtlich inspiriert vom Petersdom im Vatikan.

Der Präsidentenpalast zeigt sich im typischen Architekturstil der 1970er Jahre, umgeben von Teichen und bewacht von heiligen Kaimanen (Krokodilen).

Zurück in Abidjan besteigen wir unser Flugzeug zurück nach Europa – auf Wiedersehen, Côte d’Ivoire! Es war eine wunderbare Reise.