Gemeinsam Diagnostik stärken: Reise nach Bouaké, Côte d'Ivoire, im November 2024
Ein Reisebericht von Annika Graaf-Rau und Franziska Stoek
Auf einen Blick
Wann: 03.11.-23.11.2024 (3 Wochen) | Wo: Bouaké, Côte d'Ivoire
Wer: die HIOH-Abteilungen One Health Surveillance (OHS), Evolution von Krankheitserregern, Epidemiologie und Ökologie antimikrobieller Resistenz sowie die Partner-Institutionen Centre Hospitalier et Universitaire de Bouaké (CHUB), Robert Koch-Institut (RKI) und Université Alassane Ouattara de Bouaké
Ziel: Stärkung der Diagnostikkapazitäten und Vertiefung der Kooperation mit dem Universitätskrankenhaus CHUB im Rahmen der Forschungsprojekte PAcCI (Public Health Actions for Côte d’Ivoire) und InnoDia (Innovative Diagnostic Pipelines for One Health Surveillance, ein Seed Grant-Projekt)
Die Republik Côte d'Ivoire ist ein pulsierendes Land in Westafrika mit reichen kulturellen Traditionen und vielfältigen Ökosystemen. Trotz seiner Schönheit und Vitalität steht das Land vor großen Herausforderungen in seinem Gesundheitssystem, insbesondere in Bezug auf Infektionskrankheiten und antimikrobielle Resistenzen (AMR). Diese Herausforderungen werden durch die begrenzten Gesundheitsausgaben verschärft, die nach wie vor zu den niedrigsten der Welt gehören. Infektionskrankheiten, die Gefahr der Übertragung von Zoonosen (d. h. Infektionskrankheiten, die vom Tier auf den Menschen überspringen können) und die hohe Belastung durch therapieassoziierte Infektionen stellen ein ernstes Problem für die öffentliche Gesundheit dar und machen Côte d'Ivoire zu einem Schwerpunktland der internationalen Gesundheitszusammenarbeit. Aus diesem Grund arbeiten das Helmholtz-Institut für One Health (HIOH), ein Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), und das Robert Koch-Institut (RKI) im Rahmen des Projekts „Public Health Actions for Côte d’Ivoire“ (PAcCI) eng mit lokalen Institutionen wie dem Universitätskrankenhaus Centre Hospitalier et Universitaire de Bouaké (CHUB) und der Université Alassane Ouattara de Bouaké zusammen, um die diagnostischen Kapazitäten zu verbessern und die Gesundheitsinfrastruktur des Landes zu stärken.
Unsere Mission im November 2024 konzentrierte sich darauf, die Untersuchung akuter Krankheitsausbrüche zu verbessern, insbesondere durch den Einsatz modernster Diagnosetechnologien, sowie auf die Erkundung von Kooperationsmöglichkeiten im Bereich der Antibiotikaresistenz.
Tag 1 bis 2 (3.-4. November): Ankunft in Abidjan
Die Mission begann mit der Abreise unseres fünfköpfigen Teams: drei Abteilungen des HIOH und ein ivorischer Partner vom CHUB, der zuvor einen mehrwöchigen Forschungsaufenthalt am HIOH verbracht hatte. Nachdem wir zunächst die Logistik für den Transport mehrerer großer Pakete mit Laborausrüstung am Flughafen in Berlin organisiert hatten, kamen wir am späten Abend in Abidjan an. Unsere erste Aufgabe nach der Ankunft bestand darin, lokale SIM-Karten und Bargeld zu besorgen, um für die Fahrt nach Bouaké am nächsten Tag gerüstet zu sein.
Tag 3 (5. November): Fahrt von Abidjan nach Bouaké
Am nächsten Morgen wurden wir von CHUB-Fahrern abgeholt und begannen unsere vierstündige Fahrt nach Bouaké. Während der Fahrt konnten wir die atemberaubende Landschaft Côte d‘Ivoires bewundern – inklusive eines Zwischenstopps in Yamoussoukro, der politischen Hauptstadt des Landes.
Bei unserer Ankunft in Bouaké wurden wir vom lokalen CHUB-Team herzlich empfangen und beim Ausladen unserer Ausrüstung tatkräftig unterstützt. Anschließend bezogen wir unsere Unterkunft, in der einige von uns zwei, andere bis zu sechs Wochen verbringen würden.
Tag 4 (6. November): Erste Besprechungen und Einrichten des Labors
Unser erster ganzer Tag in Bouaké begann mit Besprechungen mit der Leitung des CHUB, einschließlich des Generaldirektors, des Leiters der medizinischen Dienste und der wissenschaftlichen Koordinatorin unseres PAcCI-Projekts. Bei dieser Gelegenheit konnten wir auch das neue Illumina iSeq-System – ein hochmodernes Gerät zur schnellen und hochauflösenden Sequenzierung von DNA, welches die Identifizierung von Krankheitserregern in Zukunft erheblich vereinfachen wird – offiziell an das CHUB übergeben.
Ein Höhepunkt des Tages war unser Besuch des molekulardiagnostischen und bakteriologischen Labors des CHUB. Wir trafen Mitglieder des Teams und erfuhren mehr über ihre Arbeit. Das hochmoderne Molekularlabor, das vom deutschen Gesundheitsministerium und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde, ist von zentraler Bedeutung für die Erforschung von Infektionskrankheiten und zoonotischen Erregern, und ermöglicht u.a. Tests auf das Monkeypox-Virus (Mpox) und Dengue-Fieber. Es ist ein Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen HIOH, RKI und lokalen Institutionen.
Unsere nächste Aufgabe bestand darin, uns mit dem Laborraum vertraut zu machen, die örtlichen Gegebenheiten zu beurteilen und mit den Vorbereitungen für die geplante Laborarbeit zu beginnen.
Tag 5 bis 12 (7.-14. November): Arbeiten im Labor und Optimierung von Technologien
Nachdem das Molekularlabor vollständig eingerichtet war, konzentrierten wir uns auf die Stärkung der lokalen diagnostischen Kapazitäten. Wir begannen mit der Durchführung von PCR-Tests an verschiedenen Proben, z.B. von Mpox-Verdachtsfällen. Obwohl sie negativ waren, testeten wir auch auf weitere Erreger, wie die Herpesviren HSV-1, HSV-2 und VZV, um die Differenzialdiagnose zu verfeinern und die diagnostische Genauigkeit vor Ort zu verbessern. Anschließend bereiteten wir Bibliotheken HSV-positiver Proben vor und schulten das Labor-Team vor Ort in der Hybridisierungs-Capture-Technik, einer DNA-Anreicherungstechnik zum besseren Erregernachweis. Der erste Sequenzierlauf auf der iSeq 1000 Plattform lieferte erfolgreich eine vollständige Genomsequenz aus einer Herpesvirus-positiven Probe.
Darüber hinaus testeten wir Kontrollen für Orthopox und Anthrax, validierten eine weitere Analyse-Methode (RT-qPCR Assays) und halfen bei der Einrichtung eines Serologieraums am CHUB, u.a. für IgG/IgM Dengue ELISA Assays zum Nachweis von Antikörpern gegen bestimmte Krankheitserreger. Zudem präsentierten Mitglieder der HIOH-Abteilung „Epidemiologie und Ökologie antimikrobieller Resistenz“ ihre Forschungsergebnisse und diskutierten sie mit lokalen Expert:innen – ein erster Schritt in Richtung zukünftiger Kooperationen, der die Partnerschaft zwischen HIOH und CHUB weiter stärkte.
Tag 13 (15. November): Erweiterung des Teams
Im weiteren Verlauf der Mission erhielten wir Verstärkung durch drei weitere HIOH-Teammitglieder und zwei Promovierende des HZI. Im Rahmen der Projekte ELIPSA (Establishment of Epidemic Panels for One Health Surveillance In Sub-Saharan Africa) und SCienCe (Continuous Clinical Surveillance in the OHS pilot region in Côte d’Ivoire) arbeiten auch sie am Aufbau langfristiger Strukturen zum Gesundheitsmonitoring von Mensch, Tier und Umwelt (One Health Surveillance) in unseren afrikanischen Modellregionen. Hierfür etablieren sie u.a. eine menschliche Kohorte gesunder Freiwilliger in der Region um den Taï-Nationalpark in Côte d’Ivoire und ein systematisches klinisches Monitoring von Erkrankten in Zusammenarbeit mit lokalen Krankenhäusern. Das offizielle Abendessen (Social Dinner) mit den Projektverantwortlichen und Kolleg:innen der an der Mission beteiligten Institutionen bot Gelegenheit zu angeregten Diskussionen und zum Austausch bisheriger Erfahrungen.
Tag 14 bis 15 (16.-17. November): Kulturelle Entdeckungen und Gipfelwanderung mit Vogelbeobachtung
Obwohl für uns die Arbeit im Labor im Vordergrund stand, nahmen wir uns auch Zeit, am Wochenende in die lokale Kultur einzutauchen: auf dem Töpfermarkt, wo wir die Kunstfertigkeit der lokalen Handwerker bewunderten und einige kleine Souvenirs kauften, und auf dem berühmten Stoffmarkt von Bouaké, der für seine farbenfrohen Textilien bekannt ist.
Auch die ivorische Küche, mit Gerichten wie Attiéké (fermentierter Maniok), Alloco (frittierte Kochbananen) und frisch gegrilltem Fisch oder Huhn, die wir in den lokalen Maquis-Restaurants genossen, wurde ein wichtiger Bestandteil unserer Erfahrungen.
Während wir uns anschließend wieder der Laborarbeit widmeten, nutzte ein Teil unserer Reisegruppe auf ihrem Weg in den Taï-Nationalpark den Zwischenstopp in Bouaké für einen einzigartigen Ausflug. Bei einer Wanderung nordwestlich von Bouaké erklommen sie einen nahe gelegenen Berg, der einen atemberaubenden Panoramablick auf den umliegenden Urwald und die vielfältige Vogelwelt bot: auf seltene Arten wie den Eisvogel, den Paradiesvogel, den Webervogel und mehrere Nashornvögel – und schließlich auf einen unglaublichen Sonnenuntergang.
Tag 16 (18. November): Offizieller Empfang des ELIPSA/SCienCe-Teams und Kooperationsgespräche am CHUB
Nach dem herzlichen Empfang des ELIPSA/SCienCe-Teams durch den Generaldirektor des CHUB stand der Tag ganz im Zeichen wissenschaftlicher Projektpräsentationen und Diskussionen, um den Wissensaustausch und mögliche Kooperationen zu fördern.
Während das neu angekommene Team das Krankenhaus und die Labore besichtigte, konzentrierten wir uns auf die Einholung von Genehmigungen für die Entnahme von Wasserproben für die geplanten Projekte unserer Abteilung „Epidemiologie und Ökologie antimikrobieller Resistenz“ . Dazu besuchten wir die Wasserbehörde der Stadt Bouaké. Drei nahe gelegene Seen, darunter ein See, der zuvor durch ein Leck mit Chemikalien kontaminiert worden war, wurden für die Probenahme und Analyse ausgewählt. Dieses Umwelt- und Gesundheitsmonitoring ist von entscheidender Bedeutung für die Bewertung von Kontaminationsrisiken und den Schutz der lokalen Wasserquellen.
Am Abend verabschiedeten wir uns vom ELIPSA/SCienCe-Team, das sich auf die Abreise in den Taï-Nationalpark vorbereitete, und genossen ein letztes gemeinsames ivorisches Abendessen.
Tag 17 bis 19 (19.-21. November): Inspektion des mobilen Labors und verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen antimikrobielle Resistenz
Unsere letzten Tage im Molekularlabor waren einer gründlichen Inspektion und Inventarisierung des mobilen CHUB-Labors gewidmet, um sicherzustellen, dass alle Geräte für den bevorstehenden Workshop im Februar 2025 in Zusammenarbeit mit dem RKI und dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München (IMB) in optimalem Zustand sind.
In der Zwischenzeit konzentrierte sich unser AMR-Team darauf, weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Antibiotikaresistenz auszuloten. Wir trafen uns mit dem Leiter des Veterinäramtes in Bouaké und führten eine Schulung zu Labortechniken im bakteriologischen Labor durch. Unser letzter Tag endete mit einer Feedbackrunde. Fazit: Unser gemeinsames Anliegen, die diagnostischen Kapazitäten in Bouaké zu stärken und die Zusammenarbeit im Bereich der Antibiotikaresistenz voranzutreiben, ist auf einem vielversprechenden Weg!
Tag 20 (22. November): Abschluss und Abreise
Nach 20 Tagen produktiver Arbeit ging unser Einsatz in der Elfenbeinküste zu Ende. Während ein Mitglied unserer HIOH-Reisegruppe noch weitere drei Wochen blieb, kehrten wir anderen, bereichert durch unsere Erfahrungen in Bouaké, nach Europa zurück. Unsere Mission ist – für dieses Mal – erfüllt. Neben vielen neuen Kontakten und erfolgreichen Meetings werden uns auch die kulturellen Erkundungen und faszinierenden Naturbeobachtungen auf unserer Reise noch lange in Erinnerung bleiben.
À bientôt, Côte d'Ivoire!